And off again

Schon wieder auf dem Flughafen. Das war doch ein bisschen kurz, eine Woche Tasmanien… Hobart war auch sehr herzig, auch hier viel mehr so ein Charme, wie ich ihn in Neuseeland erlebt hab. Oder vielleicht, vielleicht wirklich nur, dass es eine kleinere Stadt ist. Oder dass es kalt ist und die Leute mit roten Ohren auf der Straße herumlaufen und sich mit fingerlosen Handschuhen an ihre wiederverwendbaren Bambuskaffeebecher klammern. Oder dass der Fahrer von meinem Skybus, der mich auf den Hobarter Flughafen bringt, dass der aufsteht und mich, als ich in den Bus einsteige, mir die Hand reichend, an Bord willkommen heißt. Wir sind dann auch nur zu viert im Bus gesessen, ja, war nicht viel los, Mittwochmorgens in Hobart. Das war nett. Überhaupt hatte ich kaum Zeit, mich wieder an die Freundlichkeit zu gewöhnen, die in Australien so gegenwärtig ist. Wieder, weil ich eben einerseits weniger unter Leuten gewesen bin im letzten Monat und andererseits man in der Melbourner Anonymität doch verhältnismäßig untergeht. I guess, es ist, dass ich ja weniger in Lokalen war und in Jugendherbergen und selbst in Geschäften weniger und in Museen. So war ich nicht einmal der professionellen und mich doch (oder deshalb?) berührenden Dienstleistungsfreundlichkeit ausgesetzt.

Schau, wie schön s in Hobart ist. Wie immer, ein bisschen blauer Himmel hilft, aber Arthur Circus ist wahrscheinlich bei jedem Wetter idyllisch.

Der Jonathan, mit dem ich ein Zimmer geteilt hab, der sich zum Theaterlehrer studiert und in seinen Uniferien eine Runde durch Tasmanien dreht, der ist so gut im Smalltalk, das war wirklich beeindruckend. Am ersten Abend hat der lange mit dem Brasilianer in unserem Zimmer getratscht, der seit sieben Jahren in Australien ist und jetzt nicht mehr weg kann, weil er nicht sicher ist, ob er nochmal ein Visum bekommt und wenn er draußen ist, ist er draußen. „Schau an, jetzt ist es schon halb zehn, da sind wir aber richtig ins Reden gekommen“, hab ich ihn am Ende ihrer Unterhaltung sagen hören. Auch der Brasilianer war nett, aber ich hab mit dem immer nur ein paar Worte gewechselt. Und dann hab ich mit dem Jonathan geplaudert und das ist auch schnell in einen Fluss gekommen. Und selbst am nächsten Morgen, da hat er sich mit dem vierten in unserem Zimmer unterhalten, der ihm von seinen Theorien über die Elemente und deren Repräsentation in den letzten Buchstaben unseres Alphabets erzählt, wie das W für Wasser stehe und X marks the spot, also ist das X der Erde gleichzustellen. Zuletzt habe sich ihm hier in Tasmanien das fünfte Element offenbart („revealed“): Steigung. Während die Chinesen, die hätten zwar immer schon gewusst, dass es ein fünftes Element gäbe, hätten es aber mit Holz oder Metall nicht ganz zu fassen bekommen. Also ja. Jemand, der sich ein bisschen in einen Wahnsinn verstiegen hat und ich kann ja solchen Typen kaum zuhören, weil sich mir alles zusammenzieht vor fehlenden Handlungsoptionen: wie soll ich umgehen mit so jemandem, zwischen Respekt für eine (irgendeine!) Überzeugung und meinem benevolenten Agnostizismus gegenüber transmateriellen Ideen. Jonathan hingegen souverän, vor allem zuhören, aber dann doch die eine oder andere Frage, die nicht einmal darauf hinausläuft, ihn auf das Glatteis seiner Hypothesen zu führen. Vielleicht, hab ich mir gedacht, vielleicht ist das einfach eine Notwendigkeit für eine multikulturelle Gesellschaft, für eine multikulturelle Gemeinschaft, einander zuzuhören, mit einander in Kontakt treten, ohne halt wirklich einander zu berühren, in der jeweiligen Identität. Aber halt einander doch irgendwie versichern, dass man eine Welt teilt. Vielleicht ist es auch etwas, was eine TheaterlehrerIn können muss, Leute einzubinden und dabei Platz für ihren Glauben zu lassen. Also wiederum nicht unbedingt im spirituellen Sinn, aber in der Bedeutung von belief, also im Sinne ihrer Überzeugungen, ihrer Kultur. Ich hab mich daran erinnert, wie ich in Melbourne mit V. und M. im Kino (Capernaum) gewesen bin und danach halt mit meiner Filmkritik losgelassen habe, ohne das böse zu meinen halt hier und da was auszusetzen gehabt habe oder Unverständnis gezeigt hab oder wo ich was anders gemacht hätte. Und die V., als intime Kennerin australischer Kultur mir nachher gesagt hat, dass man das einfach nicht mache, dass AustralierInnen so ausgleichsorientiert und konfliktvermeidend sind, dass so eine Kritik gleich sehr aggressiv wirkt.

Außerdem hab ich gelernt, dass insbesondere in der Primarstufe, alle australischen SchülerInnen Theater unterrichtet bekommen, was ich sehr super finde. In den höheren Jahrgängen ist es dann ein Wahlfach, aber mein Eindruck ist, dass uns das schon auch gut tun würde. Nämlich auch im Sinne von Verhalten in der Öffentlichkeit, wie man sich erlebt, wie man sich gibt, wie man in sozialen Situationen agiert und warum und ob man nicht vielleicht andere Optionen entwickeln möchte. Was ich aus dem Fernsehen vom amerikanischem Schulsystem weiß, haben die das ja auch dort. Kann natürlich sein, dass das wirklich nur als Plotelement besteht, dann hätten sie uns schön dranbekommen, mit ihrer Kulturindustrie. Und es könnte schon sein, dass das für eine Einwanderungsgesellschaft ähnlich positiv wie ordentlicher Sprachunterricht ist, ein Fach in dem praktisch der Umgang mit anderen Menschen geübt wird. Und ich glaube, dass wir in der Volksschule schon relativ viel mit Pantomime und so gemacht haben, aber das ist ja auch wieder was anderes und hat mehr mit Körperkontrolle und Feinmotorik zu tun. Und schon gar nicht mit dem Stellenwert, wo man sagt: Das ist jetzt ein eigenes Fach. Mit eigenen LehrerInnen. Und wir nennen es Theater, weil wir auch wissen, dass wir im Alltag eine Rolle spielen.

Das haben sie schon sehr schick gemacht. Da unten sind die Fenster des Restaurant „Pharos“ zu sehen.

Wenn in Hobart, geht man ins MONA, ins Museum of Old and New Art. Und da nimmt man eine Fähre (die und die fährt einen eine halbe Stunde den Fluss bergauf und dann ist da in den Berg ein Museum gegraben. Und da merkt man auch gleich wieder, dass Tasmanien bisschen mehr Neuseeland ist, wenn Neuseeland ein bisschen Skandinavien ist, weil das so skandinavisch gebaut ist ist. Mit den großflächigen, rostfarbenen Wänden, den scharfen Winkeln und den… naja. Den Säulen und den runden Fenstern und dem ganze Zusammenspiel mit der Natur, mit dem Meer und den Klippen und dem Humor, einen Tennisplatz direkt vor dem Eingang stehen zu haben. Ich bin ja jetzt auch keiner, der sich mit Architektur so gut auskennt, dass ich da jetzt die passenden Wörter für hätte. Der Hintergrund von dem Museum ist das irgendwer zu viel Geld gehabt hat und das offenbar dafür verwendet hat, dort ein schicki-micki Museum für Bobos hinzustellen. Wie ich am Anfang über das Gelände spaziert bin, hab ich ein bisschen an den André Heller denken müssen. Der Stil wäre nicht seiner, aber diese Idee, einen Raum zu schaffen, für die Kunst und für s Schlendern und für s Ausprobieren und daneben steht der Weinberg… Ein bisschen ein Größenwahn schon auch, diese Kontrolle über die Geographie, aber gleichzeitig der Rückzug… Und ich mein, das ist ja prinzipiell nicht falsch und es hat mir auch wirklich gut gefallen. Irgendwie hat s mich trotzdem angestrengt, vielleicht erschöpft mich diese Ästhetik, die postmoderne Leere. Vielleicht, hab ich mir nachher gedacht, hab ich einfach nicht genügend Kontakt mit anderen Menschen gehabt, in in den Sandstein gehauenen Museum, und dabei ein wenig professionelle Dienstleistungsfreundlichkeit vermisst.

„At first, only I saw it as a tower. I don’t know why the word tower came to me, given that it tunneled into the ground. I could as easily have considered it a bunker or a submerged building. Yet as soon as I saw the staircase, I remembered the lighthouse on the coast and had a sudden vision of the […] ground shifting in a uniform and preplanned way to leave the lighthouse standing where it had always been but depositing this underground part of it inland.“ (Annihilation, Jeff Vandermeer)

Dann geht s den Schacht runter und ich bekomme einen iPod in die Hand: wenn ich was wissen will, drückt ich auf den Knopf und dann zeigt s mir die Kunstwerke, die um mich herum sind und dann such ich mir dort eins aus und dann gibt s Namen der KünstlerIn und Namen des Objekts und was man alles an Info haben möchte. Manchmal gibt s Hintergründe zum Prozess oder zur Idee dahinter. (Und in selbstkritischer Unentschlossenheit wird das dann mit Art Wank überschrieben, der Kunstwichserei. Oh mei.) Oder speziell für Kinder aufbereitete Informationen, die meistens auch als Audio vorhanden sind, Interviews mit der KünstlerIn, was mir immer besonders gut gefallen hat. Und wenn man in einen Bereich geht, wo jetzt sagen wir, vielleicht mal eine Brust zu sehen ist oder ein Stroboskoplicht, dann sagt einem das Gerät auch: Vorsicht jetzt bei Kindern und/oder EpileptikerInnen. Oder dann auch wieder, dass das Gerät einem einen Bezug zur tasmanischen Gegenwartskultur herstellt, insbesondere halt bei lokalen KünstlerInnen. (Die können aber ruhig auch zugezogen sein.) Das ist schon sehr interessant, ich hör ja KünstlerInnen gerne zu, wenn sie über den Prozess reden oder über ihr Verhältnis zur Rezeption oder zur Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Und um so schöner ist es dann, wenn sie sagen, ja, weiß nicht, überbewertet wahrscheinlich.

Und dann wiederum, muss ausgerechnet der österreichische Vertreter so unsympathisch rüberkommen, oder bin das nur ich? Jetzt zum Beispiel mit dem Roman Signer verglichen, einem Schweizer, für den die Tochter übersetzt, der so leicht vor sich hin philosophiert, der mir von der Befreiung aus dem Erklären-Müssen spricht, die Loslösung aus dem Nützlichkeitszwang. Unverbindlichkeit und Krise mit dem Selbstbild. Und da steht dann sein Fahrrad mit Farbe, das direkt übersehen wird, weil es eigentlich nur der Schatten einer Aktion ist. Während der Erwin Wurm mit seinem dicken Porsche in so vieler Hinsicht das Gegenteil darstellt. Nachdem er im Interview auf die Gierigkeit der Welt geschimpft hat, drückt er dann noch seine Missgunst gegenüber den Leuten aus, die sein Objekt sehen und es mit „haha, a fat car“ abtun.

Also kurz ein paar Sachen, die ich gut gefunden hab: Da war ein Deutscher, der hat so Wörter aus Wasser gemacht, die von der Decke fallen, die nach irgendeinem Algorithmus aus den Nachrichten gefischt werden. Und der hat im Interview davon erzählt, wie diese Maschine, die er erfunden und gebaut hat, halt mittlerweile zu Werbezwecken eingesetzt wird und wie sich das verselbstständigt hat. Das Objekt selbst ist auch quasi banal, insbesondere durch diese Entwicklung und Verkommerzialisierung seiner Kunst, aber ich finde den Prozess, durch den er da gegangen ist, das hab ich interessant gefunden. Mehr seine Reflektion als bit.fall selbst.

Zwischendurch ist ja auch Platz für die Old Art, die der Name verspricht

Da war eine Zeichnung von einer Russin, auf der alles drunter und drüber geht, aber zentral sind ein paar Frauen, die auf ein Förderband kacken und überall auf dem Bild wird sitzen Leute herum, die die Scheiße essen. Das war schon mal witzig, weil doch der Vladimir Sorokin in Norma eine Gesellschaft beschreibt, in der die Leute ihre monatliche Ration Scheiße zugesendet bekommen, feine Kinderkacke, wenn ich mich richtig erinner, die sie essen müssen. Ist das schon ein russisches Thema? Wiederum interessanter ist es durch das Interview geworden in der sie davon erzählt, wie schwer sie sich tut, ihre Kunst auszustellen, herzuzeigen und überhaupt, sich als Künstlerin zu erleben. Leider hab ich mir nie ihren Namen gemerkt, weil wenn man ein digitales Gerät mit allumfassendem Wissen bei der Hand hat, dann merkt man sich nichts vor lauter Kann-ich-ja-nachschauen. Nix kann ich nachschauen, weil die Museumsguide-App kann ich mir zwar auch auf s eigene Telefon laden, aber natürlich für Mäckers only.

Es gab dann einen Bereich, der der Hypothese gewidmet war, dass Vermeer eine bestimmte Technik angewandt hätte, irgendwas mit Camera Obscura und einem Spiegel. Und da waren nicht nur die Ergebnisse, die ein Amateur damit erreicht hat ausgestellt, sondern auch ein Tisch zum Ausprobieren, wo BesucherInnen mit der Technik ziemlich gute Ergebnisse erzielt haben.

An anderer Stelle sind ein paar Kurzfilme von einem Reynold Reynolds gelaufen, die ich ganz spannend gefunden hab, wie sie mit Zeit und Bewegung und so umgehen.

Unten ist halt eine Bar gewesen, wo sie sehr schöne würfelförmige Eiswürfel gehabt haben, schicke Kupfershaker, tätowierte, vollbärtige Barkeeper, lokalen Gin. Oben offener Kamin und guten Kaffee und selbstgemachter Kuchen. Ich mein, das ist schon alles sehr klar auf eine Zielgruppe zugeschnitten und ich hab mich wohl gefühlt und gefordert und unterhalten.

Allerdings hat das MONA am Dienstag zu und so stand ich am Dienstagmorgen bisschen verloren an der Fähre (ahja, man kann auf der Fähre auch zwanzig Dollar drauflegen und dafür in der Posh Pit reisen, wo s schick ist und wo getanzt wird und überhaupt: Partyabteilung) und hab kurzerhand mein rudimentäres Mittwochprogramm vorgezogen. Das war eh ein Glück, weil das Wetter einfach besser war am Dienstag. Und wenn die Sonne scheint, dann sind auch die zehn Grad sehr schön. Und so hab ich zuerst einmal ein teures Frühstück genossen, schicken French Toast und eine Kanne Darjeeling. Ich bin ja wieder auf Grüntee, seit ich Melbourne verlassen hab, da geb ich auch mal ein Geld für einen Tee aus. Dann bin ich zum botanischen Garten spaziert, gut unterhaltend, ich würde sagen, regelmäßig kichernd, weil mit der Horne Section in den Kopfhörern. Ich glaub, ein wichtiger Aspekt des Erfolgs von Podcasts ist dieses Zugehörigkeitsgefühl, das Gefühl da bei etwas dabei zu sein, in einer Gruppe, die Spaß miteinander hat. Es gibt eine gute Sendung von der Lindsay Ellis zur Authentizität von YouTubern, ich mein, ja, das ist alles ein bisschen ein Schmäh und nicht ganz neu. Witzig ist dann halt, wenn die Leute, die zu Gast sind, sagen, dass sie nicht gehen wollen, weil es so nett ist und eigentlich sind sie ja alle irgendwie ständig zuhause und allein und jetzt sind sie mal raus und eigentlich ist das ganz wunderbar, hier zu sein.

So ein schönes großes Schiff, das da im Hobarter Hafen steht. Und die leider die einzige Aurora Australis, die ich zu sehen bekommen hab. Ich hab mich auch nicht besonders bemüht, stimmt schon.

Anyway. Ich hab dann die Kopfhörer aus den Ohren getan, weil ich Papageien krächzen gehört hab. Und dann saß da einen Handvoll in der Wiese und ich bin ihnen ein bisschen nachgelaufen und plötzlich fliegt so ein riesiger schwarzer Kakadu vor mir auf und auf den nächsten Nadelbaum. Und dann höre ich plötzlich aus dem Wind heraus, wie s da knächzt und knuspert und da sitzen sie zu dutzenden in den Fichten oder Lärchen und knacken die Zapfen auf. Das hat mich ziemlich am Faszinationsfuß erwischt, dass ich da stehe, auf einer Wiese mit ein paar Nadelbäumen, fünfzig Meter von der Straße und da sitzen die Vögel und knacken Tannenzapfen bei fünf Grad. Weil die Tropen haben hier irgendwo ein Ende. Mount Wellington – auch namenstechnisch verschwimmen Tasmanien und Neuseeland, wo auch viel vom Herrn Tasman zu hören gewesen ist – liegt schneebedeckt am anderen Ende von Hobart, während neben mir ein Tannenzapfen aus zehn Meter Höhe einschlägt und ich mir denke, dass diese Vögel doch nicht so ungefährlich sind. Weil als ich den Papageien über die Wiese nachgelaufen bin hab ich mir noch gedacht, dass ich das kaum bei anderen Tieren machen würde, ihnen in der Wildbahn einfach so nachlaufen. Säugetiere, Reptilien, Spinnentiere… alle ein bisschen bewundern und dann Distanz halten. Bei Vögeln allerdings… ich denke es ist einfach das Bewusstsein, dass ich kaum je in der Lage sein werde, einen Vogel in eine Ecke zu drängen, sodass er nicht nur mit dem Rücken zur Wand stehen, sondern eben auch mit dem Kopf an die Decke stoßen würde. Aber wenn dann so ein Zapfen einschlägt, dann gehe ich doch ein paar Schritte zur Seite.

Der bewusstseinschaffende Zapfen verfehlt mich ca. zweiundvierzigste Sekunde.

Und dann hab ich ein totes Wallaby am Straßenrand gesehen und da ist der Spaß gleich ein bisschen gedämpft gewesen. Ich hab mir, bereits ein paar Schritte entfernt noch gedacht, da war doch was mit in den Beutel greifen, ob da nicht ein Joey drinsteckt. Aber hab ich auch gelassen. (Nachdem mein Wordprozessor nach wie vor das Wort „Wallaby“ unterwellt, hab ich dafür jetzt nachgeschaut und festgestellt, dass es e einen Dudeneintrag gibt, in der deutsch Wikipedia gibt s allerdings nur unter dem Plural – wobei der deutsche Plural „Wallabys“ nicht konsistent durchgehalten wird – einen Artikel, der noch dazu nur mit einem italienischen Artikel verlinkt ist und beispielsweise von der englischsprachigen Wallaby-Seite nicht zu finden ist. Witzig.)

Dann eine Stunde im Botanischen Garten spazieren gegangen und das ist vielleicht ein bisschen die falsche Jahreszeit, aber insgesamt halt schön. Wieder einmal nicht nur die Pflanzen selbst sondern auch Tafeln mit Informationen über den Prozess des Gartengestaltens und Pflanzensammelns und so. Ich war zum Beispiel überrascht zu lesen, dass die Rose aus China stammt. Also ihre Urform und die ist dann halt in den letzten zweihundert Jahren zu unseren Rosen gezüchtet worden. Oder dass die ganze Blumengartengeschichte ein Produkt des neunzehnten Jahrhunderts ist, also in England, wo einerseits der Reichtum, der durch die Industrialisierung breitere Menschengruppen erreicht hat, und die Menschen nicht mehr jedes Stück Land dafür genutzt haben, um Gemüse anzubauen, und andererseits eben die Welterkundungen des Empires neue Pflanzen und Blumen nach Großbritannien gebracht haben und sich so die Idee des Blumengartens entwickelt hat. Es ist naheliegend, aber man muss diese Überlegung schon auch einmal anstellen. Und dafür wird man mit einem schärferen Bild des Bürgertums belohnt.

Hier ist die Arthur Wall im botanischen Garten, das Original 1829 gebaut. Die Idee ist, dass vor allem früchtetragende Pflanzen in der Nähe der durch mehrere Kamine beheizbaren Wand früher im Jahr zu sprießen beginnen: „a popular and effective English garden technology of the era“. Und angeblich sind hier die ersten Ananas auf Tasmanien gewachsen.

Auf dem Rückweg bin ich dann noch schnell ins Museum geschlüpft. Das war auch gut, wirklich, wobei ich zugeben muss, dass ich s bisschen überflogen bin. Museumsfatigue? Maybe. Es war aber sehr gut aufgearbeitet, die Aborigines Sachen sind, wie mein brasilianischer Zimmerkollege oft einmal betont hat, sehr gut, das stimmt. Auch interaktiv und was zum Angreifen und Videos und alles drum und dran. Interessant fand ich dann aber insbesondere, dass die Kunst… Also eigentlich waren da zwei Sachen: da war zum einen eine Ausstellung zur Australischen Identität anhand von Keramik. Das find ich super, das war wirklich eine ganz interessante Sache. Weil einerseits war das historisch aufbereitet, quasi das letzte Jahrhundert durch und auf der anderen Seite halt verschiedene Einflüsse diskutiert, ob jetzt die Aborigines selbst oder die Inanspruchnahme von Aboriginesdesigns durch Europäischstämmige und eine eigene Diskussion von Begriffen wie appropriation und so… das ist Bildungsauftrag wahrnehmen. Bei freiem Eintritt.

Hier wird die Gleichheit vor dem Gesetzt von Aborigines und EuropäerInnen dargestellt. Wird immer noch dran gearbeitet, soweit ich das verstanden habe.

Und dann in der Galerie ist halt offensichtlich gewesen, dass Kunst auch Realität schafft, da waren halt auch vor allem Landschaftsmalerei von Tasmanien und einige Aborigines, die gemalt waren und auch Bronzestatuen und so, wirklich ganz interessant, wie so das Bild quasi vom Land und von den Leuten erfasst und gemacht wurde. Es gibt ein interessantes, wo im Hintergrund Hobart ist, mit dem Mount Wellington und so und man sieht ein bisschen den Rauch vielleicht aus der Industrie aufsteigen und die ordentlichen Häuser und Segelschiffe. Und im Vordergrund ist eine Gruppe nackter Aborigines, die um ein Feuer herumsitzen und tanzen und spielen und baden und zwei kommen von der Jagd und bringen tote Tiere. Und es macht diesen Gegensatz auf. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass es entscheidet, welches Leben das lebenswertere ist…

Das linke Bild ist The Onlooker von E. Philipp Fox (1905). Kommt mir aus irgendeinem Grund total bekannt vor, aber ich könnte jetzt nicht sagen woher…

Außerdem gibt s ab einem gewissen Breitengrad dann auch gerne einmal eine Antarktisabteilung in den Museen. Das hat mir gleich total Lust gemacht, dorthin zu fahren. Nicht nur die Interviews mit den begeisterten ForscherInnen, und dem netten älteren Pärchen, die im Video als Polar Tourists unterschrieben waren. An einem Punkt waren sie sich so lieb einig, was für schönes Wetter sie an dem einen Tag gehabt haben, weil es hat nicht gestürmt und überhaupt kein Wind ist gegangen und man musste gar nicht alles anziehen, was man mit hatte.

Hier kann man schauen, wie groß der siebte Kontinent im Vergleich zu anderen ist. Und aus irgendeinem Grund helfen hier London und Wien, sich in Europa zu orientieren. (Von mir aus der achte Kontinent, wenn ich Zealandia mitrechne. Ein achter Kontinent der uns ein bisschen über den Verlust des neunten Planeten hinwegtröstet?)

Abends hab ich mir dann noch ein aufregendes Abendessen in einer schicken japanischen Bar geleistet. Schweinebacke. Da sagt die Kellnerin zu mir, dass das ein bisschen eine trennende Speise ist, wo einige Leute nur dafür herkommen, andere können es nicht leiden. Bisschen fatty, sagt sie. Ist ok, sag ich, das ist ja gut mit den pickles, die ich dazu bestelle. Da muss sie mir zustimmen. Es war dann wirklich gut und ich hab gemerkt, dass es einen Unterschied zwischen fatty und greasy gibt. Quasi fettig und ölig, aber irgendwie erwischt das das auch nicht besonders, weil wenn ich das so schreibe, nun, fettig ist schon besser als ölig, aber es kann kaum als gut beschrieben werden. Vielleicht hat fatty auch kaum was positives, aber hier war s gut. Mehr seidig als fettig.

Und das war s dann schon wieder mit Tasmanien. Das ist direkt schade gewesen, hab ich gemerkt, weil ich gerne noch auf den Berg gestiegen wäre oder einen Ausflug mit dem Schiff gemacht hätte, runter zum südlichen Leuchtturm, zu den Delphinen, den Robben und den Pinguinen. Und wenn man den Kreis ein bisschen weiter ziehen möchte, wenn man ins Auto steigen würde, dann gibt s die Strände und die Wälder und die Seen und die Berge und vieles davon auch mit Wildnis. Aber ich sitze schon wieder am Flughafen und warte auf meinen Flug nach Sydney. Jetstar hat ein bisschen Verspätung, aber das ist nicht ungewöhnlich. Der Warteraum zeigt Tasmanien nochmal von seiner skandinavischen Seite, selbst die Kaffeebars geben sich schick und individuell und in der Ecke ist ein großer Kinderspielplatz mit Klettergerüst und Bildern tasmanischer Fauna. Und der Humor steckt einfach darin, dass man am International Airport Hobart nur Flüge nach Australien bekommt. Vielleicht versteckt man seine Anstrebungen zur Unabhängigkeit hier einfach dort, wo alle hinsehen.

Tamar Valley

Tamar Valley ist eine Kette, die Milchprodukte herstellt. Ich hab ein paar Joghurts von ihnen gegessen, mit Mango-Passionsfrucht Geschmack, war ganz gut, wobei die Mango wie so oft ja mehr eine Geschmacksstreckerin ist als wirklich etwas, was man haben will, wenn man gleichzeitig Passionsfrucht bekommt. Oh, ständiges Passionsfruchtessen ist der schönste Zeitvertreib, den ich mir in Australien angewohnt habe. Auch hier wird die zwar stückweise gekauft, aber einen Euro pro Stück, das… in Wirklichkeit weiß ich gar nicht, ob das günstiger ist, als bei uns zuhause. Aber auf jeden Fall find ich s ok und ich halt mich eh zurück. Es ist einfach das beste. Und so war ich ein bisschen traurig, dass ich am Flughafen drei Bananen, zwei Kiwis und eine Maracuja in den Kübel entsorgen musste. Weil Australien hat auch – ich hab das vielleicht mal erwähnt, als ich in Alice Springs gewesen bin – zwischen den Bundesstaaten absurd strenge Einfuhrgesetze, was Obst und Gemüse betrifft. Ich glaub nach Melbourne hab ich von Alice Springs aus sogar eine Banane geschmuggelt oder einen Apfel. Jetzt, am Launcestoner Flughafen hat mich der Spürhund aus der Menge gepickt, der wollte mein Freund sein. Die Banane hat halt noch gerochen, nachdem ich sie gerade erst eine Minute vorher entsorgt hatte. Dafür hätte es kaum den geruchssensiblen Hund gebraucht, das hätte auch der ältere Herr von der Immigration selbst riechen können, so intensiv war das.

Im Sinne von „other yoghurts are available“ möchte ich gerne Thick & Creamy erwähnen. Ich bin kein Fan vom Feigenjoghurt, aber ich bin ein Fan von Alex Horne und seiner Horne Section (hier mit Roisin Conaty, von der ich auch ein Fan bin).

Jetzt bin ich jedenfalls sozusagen am unteren Ende des Tamartals und gestern bin ich mit dem Bus fast bis nach ganz oben gefahren, fast bis ans Meer. Da waren schon ein paar Kühe zu sehen, ein paar Kühe, ein paar Schafe und eine Handvoll Lamas. Ist immer ganz nett, Lamas auf einer Weide zu sehen. Das ist so ein bisschen, na ja, das ist ein bisschen eine Innovation irgendwie, eine Neuigkeit. Und Lamas haben oft einen netten Gesichtsausdruck und ein bisschen was knuffiges. Und weil sie bisschen längere Beine haben und den Hals und so… auf jeden Fall sind Schafe oft ein bisschen verdreckt, während Lamas quasi direkt in einen Pullover gestrickt werden können, so scheint s. Kühe, Schafe, Lamas und Pferde in Pferdejacken. Weil es ist kalt. Heute Nacht hat s unter Null gehabt. Und ich hab zwar zuletzt ein bisschen über die meiner Eitelkeit zuzuschreibenden Einschränkungen meiner Kleidung berichtet, aber wenn s hart auf hart kommt, dann ist das ja egal.

In Beauty Point, wo der Bus seine Endstation hat, gibt s das Schnabeltierhaus und die Seepferdechenwelt. Und ich hab mir beides gegeben, auch wenn ich nur drei Stunden Zeit hatte, weil der letzte Bus am Samstag bereits um halb zwei wieder zurück nach Launceston fährt. Aber nachdem das beides geführte Besuche sind, war eh klar, dass die nur jeweils eine Stunde dauern und dann ist sich sogar noch Zeit für einen Kuchen im Café River ausgegangen.

Schnabeltierhaus war super. Ich hab eh gesagt, dass ich die sehr herzig finde und das tolle an tasmanischen Schnabeltieren, im Gegensatz zu denen am Festland, ist, dass sie sich nicht auf Nachtaktivität beschränken. Das, scherzt der Führer, hätten sie auch mit den Menschen gemeinsam, wo die TasmanierInnen ja auch insgesamt mehr leisten als die FestlandaustralierInnen. Haha, nein, bloß ein Scherz. Ich komme mir immer ein bisschen vor, als würde ich da aus der Reisegruppe hervorstechen, weil in der Regel halt vor allem Kinder und hier vor allem Mädchen mit ihren Eltern (vor allem Müttern), in den Attraktionen von Beauty Point zu finden sind. Hier vor allem in der Seepferdchenwelt. Deswegen ist es umso seltsamer, dass ein Dreifachpass angeboten wird, der neben der Seepferdchenwelt und dem Schnabeltierhaus noch das Beaconsfield Mine and Heritage Center beinhalted, also einen Besuch in das Minenmuseum. Weißt, wenn ich die Zeit gehabt hätte oder nicht so überrascht davon gewesen wäre, dass ausgerechnet die industrielle Vergangenheit der Gegend noch Gegenstand meines Ausflugs sein sollte, hätte ich mir das ja auch angeschaut. Aber insgesamt bisschen eine komische Kombination.

Weniger komisch ist, dass das Schnabeltierhaus neben den fünf Schnabeltieren auch drei Echidnas – also Ameisenigel – beherbergt. Die beiden sind nämlich die einzigen lebenden Vertreter der Monotremata, der Kloakentiere: Säugetiere mit Kloake, die Eier legen und ihre Kinder (puggles) säugen. (Uh! Babyschnabeltiere haben außerdem Zähne, die ihnen später zugunsten von so Mahlplatten ausfallen.) Schließlich haben sie beide die Beinstellung von Reptilien, was es ganz witzig macht, ihnen beim Watscheln zuzuschauen. In einem Eingangsvideo war eine deutsche Biologin zu sehen, die sich als Kind für Schnabeltiere interessiert hat und deswegen jetzt in Australien ist und die ein Schnabeltierweibchen verfolgt und dann tun sie eine Kamera in den Bau und schauen den geschlüpften Jungtieren beim Aufwachsen zu. Wie man s halt macht, in einem Tierfilm. Weil man weiß so wenig, heißt s immer wieder, man weiß so wenig. Und ich denk mir, wenn ich das gewusst hätte, dass man so wenig weiß, dann hätte ich doch sowas gelernt, so leicht wie ich der Tätigkeit gegenüber begeisterungsfähig bin…

Dann haben wir uns Jupiter angeschaut, weil der der größte Planet sei und deshalb heißt auch das große Schnabeltier so. Und der ist wirklich groß, vielleicht sechzig Zentimeter, das eine Männchen, dass sie haben. Weil sie sind bisschen sehr territorial und da wird nur ein Männchen im Schnabeltierhaus geduldet. Weibchen haben sie vier und eine davon heißt Poppy und eine andere Freya, worüber ich mir die anderen zwei Namen dann gar nicht mehr gemerkt hab. Und als er gesagt hat, dass sie beim Tauchen die Augen zu machen, hat mich das gar nicht gewundert, weil wenn sie am Boden nach Essen suchen, dann machen sie das im Kreis und durchaus systematisch, aber auf jeden Fall schaut s nicht so aus, als würden sie sich gründlich nach Essen umschauen.

Ich glaub, das ist Poppy, die in ihrem Aquarium irgendwelche Würmer verloren hat. Wunzig im Gegensatz zu Jupiter. Aber herzallerliebst in Gegensatz zu so ziemlich allem anderen auf der Welt!

Durch das Ameisenigelzimmer gehen wir dann einfach so durch, während die Ameisenigel aus ihren Bauten kriechen um sich ein Essen abzuholen, dass der Führer auf den Boden stellt. Das ist so eine Creme, aber es sind auch wirklich Ameisen drin. Die sind schon auch herzig, das miss man ihnen auf jeden Fall anerkennen. Wie sie schlurfen und dass sie eigentlich halt so kleine bestachelte Kugeln sind, aus denen vorne eine lange Nase und drumherum kleine Beinchen mit langen Klauen hervorwachsen.

Selbst der Führungstyp war überrascht, dass sie plötzlich zu dritt dastanden, weil der eine („Big Tom“) war eigentlich gerade im Winterschlaf. Allerdings tun sich die offenbar relativ leicht, mit rein und raus aus dem Winterschlaf und so hat er kurzerhand auf einen Teller Ameisen vorbeigeschaut.

Interessant ist bei beiden Tieren, dass sie – auf Tasmanien – nicht gefährdet sind. Sie dürften insgesamt genügend Platz haben und einheimische Raubtiere suchen sich in der Regel kleinere Tiere. Füchse seien am Festland ein Problem, aber auf Tasmanien gibt s keine Füchse. Manchmal holt sich ein Adler ein Schnabeltier oder versucht irgendwie an die weiche Unterseite von einem Ameisenigel zu kommen. Aber insgesamt geht s ihnen gut, stabile Population und alles. Auch gut zu hören.

Seepferdchen gibt s überhaupt viele. Ich mein, er sagt wenig darüber, wie s ihnen in der Natur geht, aber die ganze Seepferdchenwelt ist eine Zuchtstation und man kann dort auch seine Seepferdchen kaufen. Er sagt immer wieder mal Preise durch, wenn er die verschiedenen Arten beschreibt. Aber nicht wie im Geschäft, mehr so nebenbei. Und Seepferdchen, ich mein, man muss sicher auf Sachen aufpassen, der Tourguide meint zum Beispiel, dass die Einrichtung eines Seepferdchenaquariums schon einmal ein halbes Jahr dauern kann, bis alles passt, bevor man sich sein Seepferd hineinsetzt. Aber wenn man s mal heraußen hat… Nachdem der Vater oft einmal mehrere hundert Seepferdchenfohlen zur Welt bringt, schwimmen in den Zuchttanks einfach tausende kleine Seepferdchen herum. Weil in der Natur ist natürlich das Problem, dass die anderen Seepferdchen gerne mal einen Seepferdchennachwuchs schnabulieren, geschweige denn die anderen MeeresbewohnerInnen. Immer eine Gefahr für ein Seefüllen. Aber in der kontrollieren Seepferdchenwelt des Aquariums überleben wahrscheinlich fünfundneunzig Prozent.

Kübelweise Seefohlen.

Ja, die Väter. Das Weibchen übergibt die Eier dem Männchen in eine Bauchtasche, in der sie befruchtet werden. Die Fohlen schlüpfen dann sogar in der Bauchtasche und dann kann man sich einen Film anschauen, in dem das Männchen kleine Seepferdchen (Seepferdchenchen?) aus seiner Bauchtasche schleudert. Und deshalb kann man das Geschlecht von Seepferdchen am Bauch erkennen: die Männchen haben einen Wasserbauch und die Weibchen was der Führer ein Six-Pack genannt hat. Weil um attraktiv zu wirken, stopfen die Männchen ihre Bauchtaschen mit Wasser aus um stolz ihre Wamperl zu zeigen.

Das ist kein Seepferdchen, sondern, glaub ich, ein Seedrache oder wie die deutsche Wikipedia ergänzt: ein Kleiner Fetzenfisch. Und das bisschen mehr Fisch sieht man ihm auch an, muss sich nicht festhalten und all das.

Und dann haben wir noch Seepferdchen gehalten und das ist immer spätestens der Moment, wo man merkt: ich konkurriere mit kleinen Mädchen um einen Platz am Aquarium. Nein. Eh nicht. Ich lass die kleinen Mädchen gerne vorher ein Seepferdchen halten. Leider war mein Seepferdchen dann schon etwas des Haltens müde oder es war insgesamt ein bockiger Seemustang. Idealerweise hätte es ja seinen Schwanz um meinen Finger geschlungen und wäre lässig in der Strömung gestanden. Aber nichts da, das reinste Rodeo, wenn man beim Rodeo das Rodeopferdchen einfach mit einer Hand fassen würde. Und so hab ich mich nach wenigen Sekunden auch abwerfen lassen.

„How was your day?“, hat der Busfahrer zu mir gesagt, als er mich um halb zwei abgeholt hat. Ja, hab ich gesagt, schön war s.

Abends war ich dann noch den Spiderman anschauen. Weil irgendwie wollte ich gern noch ein bisschen raus am Abend und nachdem die Busstation gegenüber vom Kino gewesen ist, hab ich da schon das Programm gecheckt gehabt. War dann auch ganz gut. Ein bisschen zu durchsichtig der Plot ganz ehrlich, das hat mich nicht überrascht, was da dann vielleicht für Überraschung sorgen sollte. Hingegen war ich überrascht, dass der Spiderman auf seiner Europatour auch in Österreich gewesen ist. Weil sie sind von Venedig über die Alpen nach Prag gefahren und das war zwar ein bisschen ein Umweg und die Musik war auch schon Tschechisch. (Ich hab s zuerst eher für was Jugoslawisches gehalten, aber nachdem in Prag der Soundtrack mehr oder weniger fortgeführt wurde, tippe ich jetzt auf Tschechisch in the first place.) Aber ich hab mich bisschen überrascht umgeschaut, als die Alps, Austria Einblendung gewesen ist und nicht mehr Enthusiasmus spürbar wurde. So sehr bin ich in dem Film verloren gegangen, dass es einen Moment gebraucht hat, bis ich mich ja nicht von ÖsterreicherInnen umgeben erkannt habe. Und für eine Szene, die an einer generisch-alpinen Raststation spielt, bring ich jetzt auch keine Heimatsbegeisterung auf.

Dann, jetzt ein bisschen weiter in die Filmkritik eingehend, hab ich schon auch auffällig gefunden, dass die Bösen mal wieder enttäuschte ArbeitnehmerInnen sind. Das hat mich schon beim Spiderman Homecoming bisschen irritiert, den ich vor ein paar Wochen im Fernsehen bisschen angeschaut habe, dass der Böse ein enttäuschter Arbeiter ist, dem seine Arbeitsgrundlage illegal gemacht worden ist, weil der reiche Anton Stark oder die Regierung oder halt jemand mit im Zweifelsfall Waffengewalt, die Artefakte für sich beansprucht, die der Michael Keaton mit seiner Firma aus den Ruinen klaubt. Und jetzt wieder, zwar nicht mehr Blue-Collar aber schon wieder die dem Lob auf ihre Arbeit enteigneten ArbeitnehmerInnen. Uncool, Spiderman, Handlanger des Großkapitals! „Friendly Neighbourhood“, my bum! Und uncool wer auch immer sich keine Sorgen über die moralischen Implikationen der Darstellung von skrupellosen, machtgeilen ArbeiterInnen in für Kinder gemachte Filme macht.

Ich glaub, es war mein erster Marvel Film im Kino. Aber sieht man, wie kalt es am Heimweg war?

Und am nächsten Tag dann ein Spaziergang in den Cateract Gorge, da geht so ein Weg in die Schlucht hinein, wo einer der Zuflüsse in den Tamar ein bisschen ein Wildwasser und ein bisschen einen hübschen See macht, in den im Sommer die LauncestonerInnen wohl baden gehen. Aber nicht jetzt. Jetzt ist es kalt und Hochwasserwarnung. Aber es ist ein schöner Spaziergang, eine halbe Stunde und man hat dank Schlucht das Gefühl, ewig weit von allem Weg zu sein.

In der Schlucht gibt es auch ein betonernes Becken zum Längenschwimmen. Und der Himmel, ja, irgendwie ist der Himmel auf der Südhalbkugel schon schön.

Launceston selbst hat mir eigentlich auch ganz gut gefallen, vielleicht auch nach so langer Zeit in der großen Stadt, dass mir das mit der Kleinstadt wieder ganz gut getan hat. Gut gefallen hat. Es hat mich ein bisschen an Tin Can Bay erinnert, obwohl es sicher deutlich größer ist. Aber daran hab ich gedacht, diese erste Begegnung mit den breiten Straßen und den großen Vorgärten… Aber das war eigentlich auch mehr beim Reinfahren, weil dort wo ich dann war, war s eh deutlich kompakter. Immer noch breite Straßen. Und die blödesten Ampeln, die ich in Australien erlebt hab, weil die nur grün geworden sind, wenn man gedrückt hat, aber meistens, wenn man gedrückt hat und die Autos hatten schon grün auf der Geraden, hat s mir nicht mehr grün gemacht. Auf der anderen Seite haben sich die Leute sehr stark an die Ampeln gehalten, das war auch irgendwo überraschend.

Interessant war auch, dass mir mindestens drei Buchgeschäfte aufgefallen sind. Also echte Buchgeschäfte, keine Geschäfte, die einfach mal eine Kiste Bücher um einen Euro vor die Tür stellen, aber auch keine Megastores, kein Thalia, kein Amazon, nicht mal ein Frick. Das ist schon erstaunlich, these days und vielleicht überhaupt days.

Hier bin ich mal wieder lange auf der Straße gestanden um ein Foto von einem kleinen Vogel zu erhaschen. Auf diesem sind s sogar zwei geworden.

Am Nachmittag hab ich mir im Museum noch eine Eintrittskarte in die Dinosaurierausstellung gegönnt. Weil das Museum natürlich gratis, aber die Sonderausstellung war ihr Geld auch durchaus wert. Da hat sich nämlich jemand die Mühe gemacht und eine kleine Ausstellung über die Federn auf Dinosauriern zusammengestellt. Und da haben sie (günstige, möchte ich sagen) Kopien von Fossilien an die Wand gehängt und einen Zeichner gehabt, der ihnen hübsche, farbenprächtige Bilder von Dinosauriern gemacht hat und sogar ein paar animatronische Dinosaurier mit Federn drauf. Die wirklich ein Scheiß sind, aber ja, was soll s. Ich mein, ist ja für die Kinder und wenn das die Begeisterung weckt. Wie. So. Nicht. Weil ich hab mir wieder gedacht: als ich ein Kind war und mich für Dinosaurier interessiert hab, hab ich ein bisschen gedacht, dass man schon alles weiß und dass Paläontologie nicht so spannend ist. Dass da die ganze Federrevolution quasi direkt in meine Generation fallen würde, das hab ich nicht geahnt. Sooo spannend, was sich da getan hat und so interessant, weil das ganze so von China getrieben wird und da gibt s sicherlich einiges, was man auch soziologisch und ethnologisch betrachten könnte, ob der Fortschritt langsam ist, weil die traditionelle Paläontologie wohl globaler wird und hundertfünfzig Jahre Anglozentrismus dem sicherlich ein bisschen entgegenwirken.

Das ist das Bild vom Luis Rey, auf dem sich ein Velociraptor an einen Avimimus heranmacht…
…und hier haben sie s mit Skelettmodellen nachgestellt. Hab ich hauptsächlich fotografiert, weil es explizit daran erinnert, dass Velociraptoren nur zirka zwei Meter lang waren. Und die Klaue, die der Alan Grant den Film über in der Hand hält ist etwa doppelt so lang wie die, die dieser hier an seinen Füßen hat. Hätte wahrscheinlich trotzdem gedrückt, wenn man drauf schläft.

Der Rest des Museums war ganz bunt zusammengewürfelt. In einem Raum ist die ausgestopfte Tierwelt Tasmaniens mit der ausgestorbenen zusammengewürfelt. Witzigerweise sind die Dinosaueriermodelle in der permanenten Ausstellung auf dem Stand der Neunziger, also sans Federn und der Allosaurus schwingt einen Schwanz so schlangenhaft, wie ich glaube, dass man das heute nicht mehr darstellen würde. Da stehen zwei alte Autos neben einem Pferdegeschirr, drüber ein Flugzeug und ein Pteranodonmodell. Hinten ist eine Abteilung über Strafgefangene, die nach Tasmanien deportiert wurden (für lächerliche Straftaten, leider ist das Foto nicht herzeigbar…), eine großzügige Geologieabteilung und eine ausführliche Präsentation über den tasmanischen Tiger, mit kurzen Videoausschnitten und einem ausgestopften und Zeitungsartikeln und allem, was man noch hat über das Tierchen, das es wohl seit neunzig Jahren nicht mehr gibt.

Im ersten Stock war dann eine Sonderausstellung über Marjorie Bligh, Domestic Goddess. Das war in Neuseeland, gell, wo das Haus im Museum ausgestellt war, in dem dieses Ehepaar seine Muschelsammlung aufgehängt hatte. Nun, hier ist das Leben einer Frau dokumentiert, die Bücher über ordentliches Haushalten geschrieben hat, die regelmäßig Preise für Handarbeiten gewonnen hat und die aus Plastikabfall Untersetzer gehäkelt hat. Und ich will das gar nicht kleinreden. Im Gegenteil finde ich das sehr toll, dass man als kleines Museum eine Ausstellung über eine lokale Legende macht, die die Gegend ein bisschen geprägt hat und die ein paar Bücher geschrieben hat. Außerdem kann man ein bisschen das wandelnde Frauenbild behandeln und eine ganz witzige Yarnbombing Aktion machen, wo den Dinosauriermodellen Häkeldeckchen übergeworfen werden. Fand ich schon gut. Und sie ist mit folgendem Spruch zitiert, den es im Shop dann auf Tragetaschen und T-Shirts gab und damit eh überkommerzialisiert wurde und schon wieder an Wert verloren hatte: Let me have my way exactly in everything, and you will find that a pleasanter creature does not exist.

Ich hatte den Eindruck, diesen Triceratops schon mal wo gesehen zu haben. Wie viele derart gute Triceratopsschädel gibt s wohl insgesamt? Und von wie vielen gibt es Kopien für die Museen in aller Welt, weil das sind ja in der Regel nicht die echten Knochen, die da ausgestellt werden.