CAAAAAAAIRNS!

Good evening.

Als ich mich letzten Endes dann doch auf den Weg gemacht hab, hab ich schon ein paar Tage lang nachgedacht, ob ich mich nicht für das Work for Accomodation Programme melden soll, das die Jugendherberge anbietet. Aber erstens vielleicht nicht bei der ersten Gelegenheit verpflichten und so spannend ist Hervey Bay auch wieder nicht. Und zweitens wär ich dann sicher gleich bis Juli geblieben. (Weil halt die Wale erst im „Winter“ kommen. Falls das bisher zu subtil war, ich würde wirklich gern Wale sehen. Und alles nur, weil mir dieses Instagram das so reingedrückt hat, weil ich dort jetzt ein halbes Jahr Walvideos bekommen hab… Ich bin ja sonst nicht so ansprechbar dafür, wenn mir jemand ein Erlebnis verkaufen möchte, aber eben in diesem Fall: schon unheimlich beeindruckend.)

Man kann da auch den Ton ausmachen, es ist trotzdem beeindruckend.

Insofern war ich dann ganz froh, dass sich das Wetter beruhigt hat, die Krokodile wie gesagt wieder raus aus der Stadt und die Straßen nicht mehr einen Meter unter Wasser oder unauffindbar und deshalb auch nicht mehr gesperrt. Nachdem ich in den ersten paar Wochen ja nur die 300km von Brisbane nach Hervey Bay geschafft hab, war mir jetzt ein bisschen nach größeren Sprüngen, sonst verzettel ich mich da ewig entlang dieser Küste. Also hab ich mir den Bus gleich einmal bis nach Cairns genommen, das sind 1500km. Zwei waren’s in Wirklichkeit, weil ich für etwas günstiger nach 1100km in Townsville umgestiegen bin, komm ich insgesamt auf etwa 26 Stunden Busfahrt.

Also hab ich mich am Montag fertig gemacht und mein Zimmer geräumt. Ich hab direkt umdekoriert, so viele neue Gelsenflecken hab ich an den hellen Wänden hinterlassen. Und dann hat mir der Chef beim Auschecken quasi noch ein Special Treatment gegeben, weil eigentlich verlangen sie, was weiß ich, 5$, wenn man zwischen Check-Out und Abend noch in der Hängematte knotzen und die Toiletten benutzen möchte, aber: you’re welcome to stay and use the facilities. Das war anständig, weil ich hab ein bisschen drauf gewartet, ob er was sagt. Aber ja, gut gemacht, das hat schon einen Einfluss auf die Meinung, mit der man dann das Hostel verlässt. Wär vielleicht doch nett gewesen…

Dass mein Zimmer Schweine an der Tür hatte, wo doch gerade das Jahr des Schweins begonnen hat, hat sich übrigens auch sehr glücklich gefügt.

Und so bin ich dann abends in den Bus gestiegen. Gemeinsam mit 60 großteils europäischen, großteils Teenagern. Oder halt von mir aus Twens. Wie ich um 5h nach einer raschen Runde Zähneputzen in der Tankstellentoilette wieder eingestiegen bin, hat s auf jeden Fall gerochen wie – ich weiß nicht, ob du das kennst, aber das Bild ist vielleicht auch so nachvollziehbar – wenn man sich Ende des Semesters den ausgeborgten Fechthelm aufsetzt, in den jetzt vier Monate lang täglich viereinhalb Stunden lang StudentInnenköpfe geschwitzt haben. Das sind, also mit Aufwärmen sagen wir nur drei Stunden echtes Schwitzen mal fünf Tage mal vier Monate zu vier Wochen… 240 Stunden Schweiß in einen gut gepolsterten Helm. Damit kann man ganze Landstriche für Jahre unfruchtbar machen, was da an Salzen drin hängt. Und es kann einem auch die Lust auf weitere Nachtbusfahren beschädigen: Der Umkleidekabinenmief und der Englische Jugendliche an meiner Schulter. Weil es ist natürlich so, wenn mir schon beim Auf-den-Bus-Warten einer ganz besonders auf die Nerven geht mit seinem and then we went over to James’ house and his mum wouldn’t even make us sandwiches and all we ever got were crisps so I’m never again going back to James’… derartig auf die Nerven geht, da kannst du wetten, dass ich ausgerechnet mit dem acht Stunden lang um den Zugang zur gemeinsamen Armstütze rangeln werde. Subtil rangeln, weil doch ein bisschen die – sagen wir – Britische Schule genossen, wo man mehr so zufällig dauernd in meine Richtung rutscht.

Auf diesem Pfosten hab ich mich übrigens bei der ersten Raststation abgestützt. Als es mich am Ellenbogen gezwickt hat, hab ich das Licht angemacht…

Aber der Englische Bub ist am Dienstag eh schon früh ausgestiegen und so ist uns das erspart geblieben, dass wir uns tagsüber auch noch, quasi am Tag darauf, uns im wachen Zustand, auf Basis der Unannehmlichkeiten der holprigen Nacht jetzt weiterhin arrangieren müssen. Und aus dem Fenster hab ich ihn dann noch gesehen, wie er wieder bei seinem Freund gestanden ist und schon wieder lustig war, weil er die ganze nach so brav seine nervigen Monologe ausgelassen hat. Der Freund hat zwei Sitze weiter neben einer Irin übernachtet. Und ich weiß nicht genau, aber die Irinnen und die Iren, die machen mir alle weiche Knie in diesen Wochen, mit ihrem Akzent. Stundenlang könnte ich ihnen zuhören, wie ein klarer Bergbach, so erfrischend in dieser tropischen Umgebung. Oder ist es nur Sharon Horgan. Aber ganz offenbar gab s für die andere unfreiwillige Paarung in Reihe 9 ebensowenig Konversationsstoff. Am meisten unterhalten sich die Deutschen in den ersten fünf Reihen.

Die haben wohl schon ein bisschen im Voraus gebucht.

Zu Mittag dann ein kurzer Spaziergang in Townsville, frisches T-Shirt auf der Herrentoilette. Und weiter geht s, den Bruce Highway entlang. Und ich hab wirklich lachen müssen das erste, zweite, dritte Mal, als das gesehen hab, weil Monty Python und Bruce und so? Außerdem kommt mir die eine oder andere geographische Bezeichnung vor, als ob sich der G.R.R. Martin hier ein bisschen bedient hätte, aber außer dass es einen Fluß gibt, der Tully heißt fällt mir natürlich grad nichts ein. Aber als wir um halb neun endlich in Cairns ankommen, ist das bisschen Verspätung, für das sich der Busfahrer entschuldigt, schon egal. Schön, aus dem Bus rauszukommen. Und so schlendern wir die abendliche Spence Street entlang, eine kleine Gruppe BackpackerInnen, aus der regelmäßig jemand abbiegt, Cairns ist dicht mit Jugendherbergen. Nach einigen Querstraßen beginnen wir uns sogar von einander zu verabschieden. Enjoy your stay!, Have fun!, Bye!. Mein Hostel ist am weitesten entfernt, aber mein Rucksack liegt gut auf den Hüften und das Gehen ist angenehm nach dem vielen Sitzen. Ich überlege, wo man sich eine Steißbeintransplantation abholen kann.

Schließlich lasse ich mich selbst in meine Jugendherberge – Rezeption nur bis acht besetzt. Ich finde meinen Schlüssel und mein Zimmer, wunder mich darüber, warum ich eine echte Decke hab, mit Polsterung und Überzug, drehe den Ventilator auf 1 und leg mich hin. Alles andere hat Zeit bis morgen.

Sorry for the mess, didn’t expect any visitors…

Am nächsten Tag dreht mir Mac, der Ire an der Rezeption einen Ausflug ins Riff und eine Busfahrt in den Urwald an. Ich bin nicht in der Lage, irgendeinen Widerstand zu leisten.

Aber das… ist eine andere Geschichte.

2 Gedanken zu „CAAAAAAAIRNS!“

    1. Schön, dass es das Interesse gibt, ich bin eh dran. Auf kurz möchte ich mit einem Jurassic Park Zitat antworten: „Gibt’s auf ihrer Dinosauriertour eigentlich auch einmal Dinosaurier zu sehen?“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert